
Der Verwaltungsrat beeinflusst den Erfolg von Tochterunternehmen
Tochterunternehmen zu führen ist kein Selbstläufer. Neben dem wichtigen Kerngeschäft der Konzerne erhält das Thema oft zu wenig Aufmerksamkeit. Auf Seiten der Tochterfirmen resultieren daraus unter den Erwartungen bleibende Betriebsergebnisse, wenig Wert-schaffende Strategien und mittelmässige Motivation der Mitarbeitenden. Das ungenutzte Potenzial wird oft unterschätzt und ist gross. Wie können Konzerne ihre Tochterunternehmen optimal führen und deren Erfolgschancen maximieren? In diesem Beitrag betrachten wir den Erfolgsfaktor «Verwaltungsrat», der einen grossen Einfluss auf den Erfolg einer Tochterunternehmung hat.
Der Umgang mit Tochterunternehmen kann durch verschiedene Dimensionen charakterisiert werden. Die Ausprägungen der Dimensionen beeinflussen die Erfolgschancen der Tochterfirma. Folgende wichtige Dimensionen gibt es (nicht abschliessend):
- Besetzung und Verhalten des Verwaltungsrates
- Besetzung und Verhalten der Geschäftsleitung
- Rolle und Image der Tochterunternehmung im Konzern
- Führungskennzahlen und Reporting
- Zusammenarbeit zwischen GL und VR (inkl. Business Review)
- Organisatorische Integration
- Kulturelle Integration
In diesem Beitrag beleuchten wir eine dieser Dimensionen im Schnelldurchlauf: die Besetzung und das Verhalten des Verwaltungsrats.
Die Rolle des Verwaltungsrats: Mehr als nur Kontrolle
Oft wird angenommen, dass die Geschäftsleitung das Herzstück des Erfolgs eines Tochterunternehmens ist, während der Verwaltungsrat eher eine formelle Rolle spielt. Doch dieser Gedanke greift zu kurz. Die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates gelten auch bei Tochterunternehmen von Konzernen. Der Verwaltungsrat trägt u.a. die Verantwortung für die Oberleitung des Unternehmens und die Ernennung der Geschäftsleitung. Seine Zusammensetzung und Arbeitsweise haben daher einen direkten Einfluss auf den Erfolg der Tochterfirma. Es gilt, den Verwaltungsrat von Tochterunternehmen nicht nur als Kontrollorgan zu sehen, sondern als aktiven Gestalter, der die strategische Ausrichtung und die operative Exzellenz der Tochterfirma mitbestimmt.
Zusammensetzung des Verwaltungsrats: Diverse Kompetenzen und Minimum an Zeitinvestment
Verwaltungsräte von Tochterunternehmen werden häufig ausschliesslich mit internen Führungskräften des Konzerns besetzt. Diese Personen sind in der Regel sehr kompetent, decken viele benötigte Kenntnisse ab, kennen die konzerninternen Abläufe und sind im Konzern bestens vernetzt. Aufgrund der Konzernprägung bringen sie im Normalfall jedoch wenig externe Perspektiven mit und verfügen häufig über ein eher begrenztes Netzwerk ausserhalb des Konzerns. Aus diesem Grund ist die Komplementierung des Verwaltungsrats durch externe Mitglieder, die in den relevanten Märkten gut vernetzt sind, empfehlenswert. Sie bringen nicht nur neue Sichtweisen ein, sondern helfen auch, eine mögliche "Betriebsblindheit" zu vermeiden, die in einem homogenen Gremium entstehen kann. Gerade bei strategisch relevanten und branchenfremden Tochterunternehmen überwiegen die Vorteile externer Verwaltungsräte deutlich ihre Kosten.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Zeit, die die Mitglieder in ihre Verwaltungsratsmandate investieren. Oft übernehmen interne Führungskräfte diese Rolle zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit, mit welcher sie bereits vollständig ausgelastet sind. Dies führt zu einem Trade-Off zwischen der Haupttätigkeit und dem Verwaltungsratsmandat, was nicht selten dazu führt, dass sich Verwaltungsräte von Tochterunternehmen eher passiv verhalten und als Kontrollorgan agieren, anstatt aktiv mitzugestalten. Ein Verwaltungsratsmandat sollte ein Minimum an Zeit und Engagement erfordern – etwa zehn Prozent eines Vollzeitpensums. Kann dies nicht gewährleistet werden, sollte hinsichtlich der Zusammensetzung eine andere Lösung gesucht werden. Externe Verwaltungsratsmitglieder bieten hier oft einen Vorteil, da sie spezifisch für das Mandat engagiert und bezahlt werden, wodurch sie keinen Trade-Off haben.
Teamfähigkeit und Unabhängigkeit: Schlüssel für effektive Entscheidungen
Ein effektiver Verwaltungsrat agiert als Team, in dem alle Mitglieder Verantwortung übernehmen und ihre Meinungen frei äussern können. Hierarchische Unterschiede innerhalb des Gremiums, welche aus den unterschiedlichen Positionen der Mitglieder innerhalb des Konzerns resultieren können, bergen die Gefahr, dass ranghöhere Mitglieder dominieren und andere sich zurückhalten. Dies schwächt nicht nur die Teamdynamik, sondern kann auch die Entscheidungsfindung negativ beeinflussen. Daher ist es ratsam, die hierarchischen Unterschiede innerhalb des Verwaltungsrats so gering wie möglich zu halten und auf eine ausgewogene Teamzusammensetzung zu achten.
Darüber hinaus ist es essenziell, dass der Verwaltungsrat unabhängig agieren kann. Entscheidungen sollten im Gremium getroffen werden, ohne dass zuvor die Genehmigung von ranghöheren Personen im Konzern eingeholt werden muss – es sei denn, es handelt sich um Entscheidungen, die rechtlich durch die Generalversammlung zu treffen sind. Ein Verwaltungsrat, der seine Entscheidungen nicht frei treffen kann, verliert an Handlungsfähigkeit und Relevanz. Dadurch kann er Tochterunternehmen ausbremsen. Es empfiehlt sich, die Verwaltungsratsmitglieder von Tochterfirmen entweder mit ranghohen Konzernmitgliedern zu besetzten (Achtung jedoch bezüglich der Zeitverfügbarkeit dieser Personen!), oder klare Regeln zu definieren, bei welchen Fällen eine Genehmigung von ranghöheren Personen eingeholt werden muss und die Anzahl dieser Fälle möglichst niedrig zu halten.
Sichtbare Präsenz und aktive Beteiligung: Vertrauen schaffen
Mitarbeitende von Tochterfirmen identifizieren sich in erster Linie mit der Tochterfirma und oft nur wenig mit dem Konzern. Nicht selten herrscht ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Konzern und dessen Mitarbeitenden, gerade bei der Frage, ob diese im besten Interesse der Tochterfirma handeln und entscheiden. Der Verwaltungsrat der Tochterfirma gehört für deren Mitarbeitende eher zum Konzern als zum eigenen Unternehmen. Um das Vertrauen der Mitarbeitenden zu gewinnen und eine Brücke zwischen dem Konzern und der Tochterfirma zu bauen, ist es wichtig, dass die Verwaltungsmitglieder regelmässig bei der Tochterfirma vor Ort präsent sind. Dies signalisiert den Mitarbeitern zudem, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird und ihr Unternehmen für die Muttergesellschaft von Bedeutung ist. Es erlaubt den Verwaltungsratsmitgliedern zudem, die Kultur und Energie zu spüren und bietet Gelegenheiten, um mit den Mitarbeitenden zu interagieren.
Darüber hinaus sollten die Verwaltungsratsmitglieder auch den direkten Dialog mit den Mitarbeitenden suchen. Gespräche mit denjenigen, die operativ tätig sind, bieten wertvolle Einblicke und stärken das Vertrauen in die Entscheidungen des Verwaltungsrats. Der Verwaltungsrat kriegt dadurch auch mit, welche Themen bei den Mitarbeitenden top-of-mind sind und kann diese mit den Punkten abgleichen, welche in den Business-Reviews und an den Verwaltungsratssitzungen mit den Geschäftsleitungsmitgliedern thematisiert werden. Idealerweise gehen Verwaltungsratsmitglieder sogar noch einen Schritt weiter und nehmen sich die Zeit, die operativen Prozesse einmal selbst zu erleben.
Fazit: Der Verwaltungsrat als Erfolgsfaktor
Die Besetzung und das Verhalten des Verwaltungsrats sind entscheidende Faktoren für den Erfolg einer Tochterfirma und sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Eine diverse und kompetente Zusammensetzung, ausreichende Zeitinvestition, Teamfähigkeit, Unabhängigkeit in der Entscheidungsfindung sowie eine sichtbare und aktive Präsenz sind Schlüsselaspekte, die den Unterschied ausmachen können. Wenn diese Faktoren berücksichtigt werden, kann der Verwaltungsrat massgeblich dazu beitragen, das volle Potenzial einer Tochtergesellschaft zu entfalten und ihren Erfolg nachhaltig zu sichern.
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Über den Autor
Sven Truffer verfügt über 10 Jahre Erfahrung im Umfeld von Konzernen und deren Tochterunternehmen. Er war unter anderem im Beteiligungsmanagement für das Controlling der Tochterunternehmen von einem grossen Schweizer Konzern verantwortlich, war als Finanzverantwortlicher ein Mitglied der Geschäftsleitung einer Tochterunternehmung, leitete als CEO eine Tochterfirma in einen Turnaround und war Leiter einer Taskforce zur Rettung einer Tochterunternehmung. Er tauscht sich zudem regelmässig mit Verwaltungsratsmitgliedern und Mitgliedern der Geschäftsleitung über Best Practices im Umgang mit Tochterunternehmen aus. Aktuell beratet er Konzerne, um deren Umgang mit Tochterunternehmen zu optimieren, hilft als Turnaround-Manager stagnierenden Unternehmen den Abwärtstrend aufzuhalten und wieder auf den Erfolgskurs zu gelangen und unterstützt Unternehmen als Interimsmanager in der Überbrückung von Führungsvakanzen.